Schon gehört? Es gibt eine Online-Petition zur Erneuerung des ÖRR


30 ARD-KollegInnen schreiben ein Manifest und schalten am 03.04.24 eine Online-Petition frei, Es wurde bis zum jetzigen Zeitpunkt rund 24 000mal unterzeichnet.


Warum hört man davon wenig bis gar nichts?


Die ARD ignoriert diese Petition bis auf eine Ausnahme (der DLF informierte seine HörerInnen am 08.04.24 darüber) bis heute und verpasst damit eine große Gelegenheit, mit den eigenen Mitarbeitern und dem Publikum in einen Austausch zu kommen, das Programmangebot betreffend.


Die Online-Petition zur Erneuerung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dürfte ungleich weniger Unterschriften erhalten allein deshalb, weil die reichweitenstarken öffentlich-rechtlichen Anstalten dieses Thema in ihrer Berichterstattung ausklammern.

Damit verletzt der ÖRR jedoch seinen gesetzlichen Auftrag, die Bevölkerung umfassend und neutral zu informieren und gibt den Initiatoren dieser Online-Petition recht, die auf der einen Seite den gesellschaftlichen Wert des öffentlich-rechtlichen Systems unterstreichen, auf der anderen Seite kritisieren, dass der Programmauftrag nicht erfüllt wird.


Wir können jeder Kollegin, jedem Kollegen nur empfehlen, sich mit dieser Petition selbst zu befassen und sich erst danach zu entscheiden, ob sie unterstützenswert ist oder nicht.


Der DJV (Deutsche Journalistenverband) hatte bereits 2 Tage nach Freischaltung der Petition eine klare Meinung dazu:


Was ist dran am "Manifest" für einen neuen ÖRR?



05.04.2024, Meinung von Steffen Grimberg, Medienjournalist & Vorstandsvorsitzender des DJV Berlin – JVBB


Vom „Wutbrief“ schreibt die „Berliner Morgenpost“, die Arbeitsgemeinschaft der Redaktionsausschüsse von der ARD und ZDF distanziert sich ganz ausdrücklich und unser Bundesvorsitzender Mika Beuster fordert mehr Transparenz: Was also ist zu halten von dem „Manifest für einen neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland“, das eine Gruppe um den ehemaligen SWR-Mitarbeiter Ole Skambraks diese Woche veröffentlicht hat?

Zunächst einmal: Einige der in dem Aufruf angesprochenen Probleme und Reformvorschläge haben Hand und Fuß. Mehr Zeit für Recherche, weniger Schielen auf die Quote, bessere Arbeitsbedingungen bzw. Festanstellungen für die vielen Tausend freien Mitarbeitenden, Verzicht auf Outsourcing – all das sind Ziele, die auch der DJV vertritt und einfordert. Genau so verhält es sich mit der Forderung nach mehr Mitsprache der Mitarbeitenden in den Anstaltsgremien und nach mehr Dialog mit den Beitragszahlerinnen und Beitragszahlern. Vieles davon ist übrigens alles andere als neu, die Pflicht zu mehr Transparenz und Dialog steht mittlerweile sogar ganz ausdrücklich im Medienstaatsvertrag.

Was allerdings gar nicht geht, sind die zahlreichen mehr oder weniger deutlichen Unterstellungen im Manifest, ARD, ZDF und Deutschlandfunk hingen am Gängelband der Politik und würden in ihren Redaktionen quasi routinemäßig gegen journalistische Standards verstoßen.

Wenn „Faktenchecks“ kritisiert werden, weil sie eine „vermeintlich absolute Wahrheit, die selten existiert“ suggerierten und gefolgert wird: „Der freie gesellschaftliche Diskurs wird dadurch schmerzhaft beschnitten“, offenbart das eine sehr eigenwillige Vorstellung von Journalismus.

Da wird gefordert, „Bürgern multiperspektivische Informationen anzubieten“ was angeblich nicht passiert. „Stattdessen verschwimmen Meinungsmache und Berichterstattung zusehends“, heißt es weiter, „nur sehr selten finden relevante inhaltliche Auseinandersetzungen mit konträren Meinungen statt.“ Stimmen, die einen – medial behaupteten – gesellschaftlichen Konsens hinterfragen, würden dagegen lächerlich gemacht und als „Klima-Leugner“ oder „Putin-Versteher“ diffamiert.

Um es ganz deutlich zu sagen: Wer – wie das Manifest – behauptet, hier würde jemand „mundtot“ gemacht und fordert, der „neue Rundfunk“ solle „zensurfrei“ berichten, diskreditiert sich selbst. Eine Zensur findet statt? Das ist haargenau Argumentation derer, die ihre alternativen Fakten gegen seriösen Journalismus setzen und jede Meinung, die nicht die ihre ist, ablehnen. So viel zur im Manifest beklagten „Eingrenzung des Debattenraums“!

Wenn man sich die Liste der Erstunterzeichnenden des Manifests anschaut, begegnen einem dann auch einschlägig bekannte Namen. Ex-TV-Pastor Jürgen Fliege ist dabei, der seit Jahrzehnten mit unhaltbaren Behauptungen gegen die „Tagesschau“ schießende ex-NDR-Mann Volker Bräutigam, sein ehemaliger Kollege Patrick Baab, der die NATO hinter dem Krieg in der Ukraine wähnt, die von ihrer Universität gekündigte Professorin Ulrike Guérot, die zu Corona-Zeiten gegen Masken und Impfungen war und die der Ukraine die Schuld am russischen Angriffskrieg gibt, der Münchner Professor Michael Meyen, dessen Medien-Blog mittlerweile bei Rubikon erscheint – und viele andere mehr. Auch Skambraks, der im Impressum für das „Manifest“ verantwortlich zeichnet ist, vom SWR wegen seiner Behauptungen, der Sender habe in der Pandemie Nachrichten unterdrückt, entlassen worden.

Was einem dagegen kaum begegnet, sind Namen redaktionell arbeitender Kolleginnen und Kollegen. Auch die 33 weiteren Unterzeichner, die laut „Manifest“ im öffentlich-rechtlichen Rundfunk arbeiten und deren Adressen bei einem Rechtsanwalt hinterlegt sind, machen den Kohl nicht wirklich fett. Kein Wunder bei einem solchen „Manifest“!
 

Soweit der Deutsche Journalistenverband. Man kann nur hoffen, dass dies eine Einzelmeinung ist und nicht die Mehrheitsmeinung der im DJV organisierten JournalistInnen wiedergibt.

Inhaltlich wird dem Manifest zunächst in einigen Punkten Recht gegeben, um dann die argumentative Ebene zu verlassen und einzelnen Erstunterzeichnern ein klares negatives Framing zukommen zu lassen.

Dies gipfelt darin, dass der DJV sich nicht, wie man eigentlich erwarten müsste, hinter einen Kollegen stellt, der vom SWR aufgrund einer öffentlichen Kritik an der Berichterstattung während der Coronazeit entlassen wurde, sondern ihn deshalb als unseriös diffamiert.

Auch die negative Betrachtung der 30 journalistischen KollegInnen, die das Manifest erarbeitet haben und als freie redaktionelle MitarbeiterInnen sehr nachvollziehbar ihre Namen nicht öffentlich bekanntgeben, ist nicht nachvollziehbar. Dem DJV dürfte nicht unbekannt, sein, dass freien Journalisten sehr leicht beendet werden kann.

In einer ersten Stellungnahme zur Petition behauptete der DJV noch, dass im Impressum von Ole Skambraks Seite "meinungsvielfalt.jetzt" bis vor Kurzem auch der "Verein Zivile Allianz" stand. Diese Seite wird von Beatrix von Storchs Ehemann verantwortet. Damit wurde Ole Skambrak eine Verbindung zur AFD unterstellt.

Diese Behauptung musste der DJV jedoch zurücknehmen, da sie frei erfunden war. Seitdem wird in Gesprächen immer wieder das Gerücht verbreitet, diese Petition stünde der AFD nahe.

Eine sachliche Diskussion über die Online-Petition und dem dieser zugrunde liegendem Manifest wird damit nicht selten verhindert, was vermutlich auch der Grund dafür gewesen sein dürfte, warum der BJV diese Falschmeldung präsentierte.


Liebe KollegInnen, es wird immer wichtiger, sich seine eigene Meinung zu bilden und auch mehrheitlich als seriös eingestuften Quellen wie dem Deutschen Journalistenverband nicht ungeprüft zu glauben und kritisch zu hinterfragen.

Schreib uns und diskutiere mit