Die NEUEN sind gegen eine Verwässerung unseres Programms


Ein Beitrag von Renate Ulm

»Man muss wählen – zwischen dem Glück und dem, was die Menschen einst Hochkultur nannten. Wir haben die Hochkultur geopfert. Dafür haben wir Fühlfilme und Duftorgeln«, legte Aldous Huxley dem Bewacher der Schönen neuen Welt in den Mund. Das seltsame Instrument »Duftorgel« beschrieb Huxley so: »Sie setzte zu einem wunderbar belebenden Herbalcapriccio an: Auf plätschernde Arpeggios aus Thymian, Lavendel, Rosmarin, Basilikum, Myrte, Estragon folgte eine kühne Scheinmodulation über die Gewürztonarten bis zu Ambra und dann langsam vagierend zurück über Sandelholz, Kampfer, Wacholder und Heu (mit subtilen Dissonanzen: einem Hauch Nierenpudding, einer zarten Note Schweinekot) bis zur elegischen Wiederaufnahme der schlichten Aromatik des Auftakts. […] Die Synthimusikanlage […] bot ein Trio für Hypervioline, Supercello und Oboensurrogat dar, deren Klänge nun die Luft in angenehm träge Schwingungen versetzten.«

Was sich Huxley vor 90 Jahren in seinem satirisch-bissigen Science Fiction Roman ausgedacht hatte, ist zum Teil schon eingetreten: Die Hochkultur in unseren Programmen wird stetig in den Hintergrund gedrängt und muss zunehmend Platz machen für Wohlfühlmusik und Ergötzungsgeschichten. Die »Idee« spezialistenferne und qualifikationsarme Mitarbeiter einzustellen, die das Publikum »auf Augenhöhe abholen«, ist schon eine überaus arrogante und gänzlich falsche Haltung: Unser Publikum besitzt deutlich mehr Bildung, als die Programmreformer glauben machen wollen. Unterschätzt es nicht! Die neue oberflächliche Reform scheint ganz bewusst den Verlust von Fachwissen und die Verdrängung wirklicher Bildung anzustreben. Dafür wird Wohlfühl-Geplänkel über Gänsehautausformungen, Schaumbadeffekte, Anbiederungen und andere Emotionen verordnet.

Wir NEUEN wollen uns für gut recherchierte Informations-sendungen, Bildung und niveauvolle Unterhaltung in qualitätsvoll hergestellten Produktionen einsetzen.

Das ist auch der gesetzlich geforderte Auftrag des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks. Wenn wir das negieren, verspielen wir unsere Legimitation und unsere Zukunft.


Dr. Renate Ulm